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Junker, Hermann

 

Geb. 29.11.1877 in Bendorf/Rhein (zwischen Neuwied und Koblenz), gest. 9.1.1962 in

Wien.

Ägyptologe und katholischer Priester. Nach der Priesterweihe (1900) und seelsorgerischer Praxis nahm er ein ägyptologisches Studium auf und wurde Mitarbeiter im Wörterbuch-Unternehmen bei ERMAN in Berlin. Promotion 1903 in Berlin mit einer Dissertation zu den Inschriften einer oberägyptischen Tempelanlage (Dendera), Habilitation 1907 in Wien (mit einer Grammatik dieser Inschriften). 1912 dort ordentlicher Professor für Ägyptologie. J. war leitend an zahlreichen archäologischen Grabungen in Ägypten und deren wissenschaftlicher Auswertung beteiligt. Neben Analysen zum Altägyptischen, vor allem auch solche zum Koptischen. Außerdem Forschungen zu nubischen Sprachen, für die er schon 1911 eine Feldforschungsexpedition mit Lautaufzeichnungen unternahm. Ein spezielles Arbeitsfeld war bei ihm die Analyse des altägyptischen Schriftsystems. 1929 übernahm J. die Leitung des Deutschen Archäologischen Instituts in Kairo, zugleich mit einer Professur an der Kairo Universität. Seine Wiener Professur mußte er dafür aufgeben, wurde dort aber zum Honorarprofessor ernannt. 1933 trat er in die NSDAP ein (also als deutscher Beamter – nicht als »illegales« Parteimitglied in Österreich, wie er im Entnazifizierungsverfahren geltend machte). Mit Kriegsbeginn 1939 wurde das Deutsche Archäologische Institut in Kairo geschlossen bzw. nach Berlin verlagert, wo J. bis Kriegsende formal weiterhin als sein Direktor fungierte und als deutscher Beamter seine Bezüge weiter erhielt. J. lebte seitdem teils in Wien, teils in Deutschland. Im Rahmen der »Säuberungen« an den österreichischen Hochschulen nach dem Anschluß wurde 1938 (?) J.s Honorarprofessur aufgehoben.

[1]

Er konnte seine Arbeiten auch nach 1939 nicht nur in Berlin, sondern auch in Wien veröffentlichen (in Akademie-Schriften u. dgl.). In internen Parteiakten der Wiener NSDAP wurde er trotz seiner Mitgliedschaft als »Gegner« bezeichnet, was vielleicht Rückschlüsse auf seine Entlassung zuläßt. 1948 wurde er in Wien wieder als Honorarprofessor eingesetzt, wo er bis zu seinem Ausscheiden 1953 Lehrveranstaltungen abhielt. Erst 1953 war seine Entnazifizierung abgeschlossen, und er erhielt wieder seine deutschen Beamtenbezüge, aber mit der Auflage des Wohnsitzes in Deutschland. Von dort reiste er regelmäßig nach Wien, wo er 1962 an den Folgen eines Sturzes starb. In seiner Autobiographie (Q), verfaßt 1953, läßt er die Zeit nach 1939 ganz weg und beklagt sich nur über die »trübe Zeit nach dem Frühjahr 1945« (!).

Q: H. J., »Leben und Werk in Selbstdarstellung« (Sitzungsberichte der Philosophischhistorischen Klasse; 242,5). Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 1963. (mit einer Bibliographie seiner Werke von E. Winter, S. 51-59); Nachruf von A. Grohmann in: Almanach der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 112/1963: 329-355; C. Gütl, »H. J.« (http://www.afrikanistik.at/pdf/personen/junker_hermann.pdf) (Dez. 2012).

 

[1] Im einzelnen sind die Vorgänge nicht vollständig geklärt, da die entsprechenden Akten z.T. fehlen, s. J. Budka/C. Jurman, »H. J. – Ein deutsch-österreichisches Forscherleben zwischen Pyramiden, Kreuz und Hakenkreuz«, erscheint 2013 in einem Sonderband der Zt. f. Ägyptische Sprache; darauf stützt sich das Folgende.