ÜBER KUNST, WISSENSCHAFT UND DAS ENDE DER NATUR. Judith Elisabeth Weiss im Gespräch mit Regine Rapp und Christian de Lutz von Art Laboratory Berlin

Die Natur steckt in einer doppelten Krise: Die ökologische Forschung sagt ihr angesichts des menschengemachten Klimawandels und des dramatischen Artensterbens düstere Aussichten voraus. Gleichzeitig stimmen gegenwärtige Theoriediskurse den Abgesang auf die Natur an, indem sie gängige philosophisch und politisch untermauerte Natur-/Kultur-Konzepte aufkündigen. Mit dem Schlagwort vom ›Ende der Natur‹ ist die Forderung verbunden, Natur nicht mehr als das Andere der Kultur zu begreifen, das es qua Verfügungsgewalt zu beherrschen gilt. Jean-Jacques Rousseau befand schon im 18. Jahrhundert, dass der Mensch die Natur verlassen habe und es keinen Weg zurück gebe, die Wirkungen eines ursprünglichen Naturzustandes aber noch spürbar seien. Die aktuellen Diskurse radikalisieren diese Ansicht und versuchen den Begriff der Natur durch neue Wortprägungen zu ersetzen. Diese sollen die Verwicklungen des Menschen deutlich machen, indem sie die Trennlinie zwischen Natur und Kultur aufheben.

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Judith Elisabeth Weiss: FORMWANDERUNGEN. Bemerkungen zur Ausstellung »Form Follows Flower. Moritz Meurer, Karl Blossfeldt und Co.«

Form Follows Flower bildet den Auftakt einer Reihe von Ausstellungen, mit denen das Kunstgewerbemuseum in Berlin aktuell sein 150-jähriges Jubiläum feiert und auf seine Anfänge zurückblickt. Im Zentrum der Schau steht das Reich der Flora, deren Formenvielfalt das erschöpfte Kunstgewerbe um 1900 zum Blühen bringen sollte. Der Ausstellungstitel als Paraphrase des wegweisenden Gestaltungsleitsatzes »form follows function« verweist auf die Pflanzenform im Dienste der Kunstform. Die Aufrufung der Blume in diesem Zusammenhang mutet allerdings ein wenig windschief an, denn mit deren kultur- und geistesgeschichtlichen Implikationen – wie wir sie etwa aus der Frühen Neuzeit mit der ikonografisch gepflegten Rose, Lilie oder Nelke, der Romantik mit ihrer symbolischen Überhöhung der blauen Blume oder der heutigen Gartenkultur mit ihren gezüchteten Zierpflanzen kennen – hat die Ausstellung wenig zu tun. Die Exponate verdeutlichen vielmehr, wie das Register der Pflanze zum Zweck der Kunsterneuerung gezogen wurde. Gewächse, die sich hierzu eigneten waren Mutterkraut und Silberdistel, Stinkende Nieswurz und Feuersalbei, Frauenflachs und Glockenblume, glattrandige und gezackte Blätter, Hagebutten und Akanthus und viele mehr: eine Feier der einfachen Form.

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