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Caskel, Werner

 

Geb. 5.3.1896 in Danzig, gest. 20.1.1970 in Köln.

Beginn eines Studiums der Theologie 1914 in Tübingen. C. meldete sich gleich bei Kriegsbeginn als Freiwilliger und kam 1915 zum Einsatz, später in der Türkei und in weiteren Regionen des Vorderen Orients, dessen Sprachen er zu lernen begann; darauf ging seine Entscheidung für ein orientalistisches Studium zurück. Nach dem Krieg schloß er zunächst sein Theologiestudium ab (Prüfung 1920 in Danzig), begann dann in Berlin und Leipzig ein Studium der Orientalistik, das er 1924 mit der Promotion in Leipzig abschloß (weiteres Fach: Religionsgeschichte). Die Dissertation »Das Schicksal in der altarabischen Poesie«[1] ist eine wortgeschichtliche Analyse der entsprechenden Schlüsselbegriffe der altarabischen Dichtung, mit ausführlichen Textbelegen und einer detaillierten Untersuchung der jeweiligen Wortbildung. C. findet darin Belege für zentrale Denkfiguren, die aus der vorislamischen Zeit stammen und im Islam dann eine spezifische Ausprägung gefunden haben. Als Anhang zum Druck der Dissertation gibt er die Ergänzungen und kritischen Hinweise seines Lehrers Fischer (S. 57-61). Seit 1923 war er bei Max von Oppenheim angestellt (seit 1929 bei der von diesem gegründeten Stiftung), dessen Bibliothek er in Berlin bearbeitete und Forschungsergebnisse auswertete.[2] 1928 habilitierte er für semitische Sprachen und Islamkunde in Berlin; 1930 Umhabilitation nach Greifswald (1932-1933 auch mit einem Lehrauftrag in Rostock).

Das rassistische Beamtengesetz machte ihm eine reguläre Berufung unmöglich, er konnte aber zunächst in Greifswald weiter lehren: Bis 1935 mit seinem »Frontkämpferstatus«, darüber hinaus noch bis Februar 1938, weil er in Greifswald als einziger Fachvertreter benötigt wurde.[3] Durch seine Ehe mit einer »Arierin« konnte er im Reich überleben und seine Arbeit in der Oppenheim-Stiftung fortsetzen, u.a. noch 1939 mit ausgedehnten Forschungsreisen in den Vorderen Orient, wohl auch verbunden mit der Übernahme politischer Aufgaben. [4]1946 erhielt er eine Professur an der Humboldt Universität in Berlin. Von 1948 bis zu seiner Emeritierung 1964 war er Professor für Orientalische Philologie in Köln, wo er auch die Oppenheim-Stiftung wieder aufbaute.

Der Schwerpunkt seiner Forschungen lag bei der vorderasiatischen, besonders arabischen Geistesgeschichte im weitesten Sinne: Literaturgeschichte und Religionsgeschichte. Weitergehende kulturgeschichtliche Zusammenhänge erschloß er vor allem in dem Oppenheimschen Werk über die Beduinen, das er zunächst mitbetreute, später allein beendete. Mit der kritisch kommentierten Herausgabe des genealogischen Werks von Hišâm Ibn Muammad al-Kalbi (ca. 747-819/821 Al Kufah)[5] erschloß er die genealogischen und Stammesverhältnisse Arabiens, nicht zuletzt auch als Hintergrund für die altarabische Epik, der schon seine Habilitationsschrift gegolten hatte. Nicht nur, daß die umfangreiche Edition der Stammbäume, die die Verwandtschaftsverhältnisse aufschlüsseln, eine souveräne Beherrschung der altarabischen Philologie verlangt, das Werk enthält auch ausdrücklich sprachwissenschaftliche Abschnitte in der systematischen Einleitung, etwa zur Bildung der Eigennamen, der Namensgebung mit Einflüssen von Tabuisierungen (z.B. weibliche Vornamen für männliche Nachkommen, S. 49-51) u. dgl.

Über die mit seinen Forschungen verbundenen philologischen Quellenstudien hinaus ist C. als Sprachforscher vor allem durch seinen Arbeitsschwerpunkt bei der altarabischen (auch südarabischen) Epigraphie ausgewiesen, s. »Lihyan und Lihyanisch«,[6] auf der Basis der Edition altarabischer Inschriften in Dedân (arab. Halbinsel) aus dem 2. Jhd. v. d. Z. bis ins 1. Jhd.. Hier rekonstruiert er eine archaische arabische Sprachform, die als eine der Quellen für das später überlieferte beduinische Arabische gelten kann. Die Analyse der dialektologischen Zusammenhänge stützte er auf eine detaillierte paläographische Analyse der Inschriften. Zu den Ergebnissen gehört u.a. auch der Nachweis von Übereinstimmungen mit dem Südarabischen.

Vor allem über seine Arbeit in der Oppenheim-Stiftung hatte er persönlichen Kontakt zu vielen hier im Katalog aufgeführten Orientalisten, zu denen sich Hinweise in seinen autobiographischen Bemerkungen finden (zu Babinger, Falkenstein, Kahle, P. Kraus, Landsberger, Mittwoch, Plessner, Rice, Ritter, Walz, Wittek). Diese autobiographischen Bemerkungen, die er nach dem Zweiten Weltkrieg redigiert hat, zeigen seine offensichtlich nach wie vor ungebrochen patriotisch-nationale Einstellung, in der er auch damals noch von »kriegerischen Helden« im Ersten Weltkrieg sprechen kann und auch Verständnis für Kameraden zeigt, die sich später nationalsozialistisch engagierten, wie er auch für Karrieristen im Nationalsozialismus distanziert-ironische Bemerkungen übrig hat.

Q: E. Gräf (Hg.), »FS für W.C.«, Leiden: Brill 1968; darin autobiographische Notizen (»Aus den Erinnerungen eines Orientalisten«, bis 1939): 5-30, darin Laudatio von E. Gräf: 1-4, (Schriftenverzeichnis dort S. 31-36); DBE; Ellinger 2006. Nachruf E. Meyer in: Z. Dt. Morgenländ. Ges. 122/1972: 1-5.



[1] Leipzig: Pfeiffer 1926.

[2] Max Freiherr von Oppenheim, »Die Beduinen (unter Mitwirkung von E. Bräunlich und W. Caskel)«, Leipzig: Harrassowitz 1939, Bd. 1, dort. z.B. S. 19 ein Hinweis auf C.s Rolle bei diesem Unternehmen, s. dazu auch »Die Bibliothek der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung« auf der Web-Seite (www.uni-koeln.de/phil-fak/orient/htm/library/oppenheim.htm, Jan. 2009) der Universität Köln.

[3] S. Hanisch 1995: 215. C.s Schicksal ist ein Beispiel dafür, daß die rassistische Verfolgung 1938 zentral auf eine administrativ neue Stufe gestellt wurde, die die bis dahin noch bestehenden lokalen Spielräume abschaffte.

[4] S. seine autobiographischen Notizen (Q), die in dieser Hinscht allerdings wenig konkret sind. Noch im Mai 1938 leistete er Hilfestellung bei den damals vom Auswärtigen Amt betriebenen Versuchen, eine "offizielle" arabische Übersetzung von Hitlers "Mein Kampf" auf den Weg zu bringen, s. St. Wild, National Socialism in the Arab Near East between 1933 and 1939, in: Die Welt des Islmas 25/ 1985: 126 - 173, bes. S. 165 - 168. Weitere Hinweise dazu bei Hanisch in: Elvert / Nielsen-Sikora (2008: 521).

[5] »Ğamharat an-Nasab. Das genealogische Werk des Hišâm Ibn Muammad al-Kalbî«, Leiden: Brill 1966.

[6] Köln: Westdeutscher Verlag 1954. Die über die deskriptive Leistung hinausgehende Analyse ist im Fach allerdings umstritten, s. W.W. Müller, »Das Frühnordarabische«, in: W. Fischer (Hg.), »Grundriß der arabischen Philologie«, Bd. I, Wiesbaden: Reichert 1982: 17-29.

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