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Horn, Stefan Friedrich

Geb. 4.1.1900 in Wien, gest. 9.8.1996 Georgetown/Maryland.[1]

 

H. promovierte 1922 in Wien in der Politologie und war danach dort in der Privatwirtschaft tätig (u.a. als Bankangestellter). Nach dem Anschluß 1938 wanderte er nach Frankreich aus, später von dort in die Schweiz. Nach eigenen Angaben war er in beiden Ländern interniert (Einzelheiten sind nicht klar). 1946 absolvierte er an der Genfer Universität eine Dolmetscherausbildung, aufgrund derer er bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen als Übersetzer angestellt wurde und von 1946 bis 1948 tätig war, zuletzt als »Chefdolmetscher«.[2]

Im Anschluß daran emigrierte er in die USA, wo er 1948 bis 1949 an einem College in Andover/Mass. Deutsch und Französisch unterrichtete. 1949 holte ihn der frühere Leiter der Dolmetscherabteilung beim Nürnberger Gericht, Léon Dostert,[3] an die Georgetown University (Washington, D.C.), wo er die Übersetzungsabteilung aufbaute und bis zu seiner Emeritierung 1970 leitete (seit 1966 als o. Professor). Auch nach seiner Emeritierung lehrte er dort weiter.

H. war neben seiner universitären Tätigkeit bis zuletzt extensiv auch als Übersetzer tätig (vor allem als Simultanübersetzer) und in zahlreichen Unternehmungen zum Aufbau übersetzungswissenschaftlicher Programme aktiv. Dazu gehörte auch ein internationales Gemeinschaftsunternehmen (u.a. mit der Universität Mainz und Genf), die Glossaria interpretum, das mehrsprachige Fachwörterbücher erstellen wollte. Er selbst steuerte dazu ein »Glossary of Financial Terms« bei,[4] das zu 2300 Lemmata (Lexemen, ggf. mit idiomatischen Kontexten) deutsche, französische und spanische Äquivalente enthält, die außerdem über entsprechende Register zugänglich sind.

Q: Vita und andere Unterlagen der Georgetown University (zugänglich gemacht von K. Jankowsky), Auskünfte von K. Jankowsky; Weibel/Stadler 1987/1988; F. Gaiba, »The Origins of simultaneous interpretation: The Nuremberg Trial«, Ottawa: Ottawa UP 1998 (dort S. 140 ein Lebenslauf).



[1] Todesdatum nach F. Gaiba (Q).

[2] S. dazu Gaiba (Q).

[3] Dostert (1904-1971), in Frankreich geboren, war bereits 1921 in die USA gekommen. Er leitete dort an der Georgetown University die Französische Abteilung. Seit 1941 war er in der Armee als Chefdolmetscher tätig (zuletzt im Rang eines Oberst) und wurde mit der Organisation der Übersetzung für die Nürnberger Prozesse beauftragt. 1949 baute er an der Georgetown University das Institute for Language and Linguistics auf, für das er H. zum Aufbau einer Übersetzungsabteilung holte. Später war Dostert vor allem auch mit Programmen der maschinellen Übersetzung befaßt.

[4] Amsterdam: Elsevier 1965.

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