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Walter, (Heinz) Adolf

Geb. 4.3.1899 in Engelstadt/Rheinhessen, gest. 1.5.1980 in Zweibrücken.

 

Nach dem Abitur in Worms Studium der Germanistik, Geschichte, klass. Philologie und vgl. Sprachwis­senschaft in Heidelberg und Gießen, 1921 Staatsexamen. Danach (Hilfs-)Assistent bei Hirt (1865-1936, von 1912-1936 Prof. für Sanskrit und Vgl. Sprachwiss. in Gießen), bei dem er 1923 promovierte und auch als Mitherausgeber der »Indogermani­schen Bibliothek« seine Dissertation ver­öffentlichte: »Die Grundbedeutung des Kon­junktivs im Griechischen«.[1] Diese besteht im wesentli­chen aus einer kasuistischen Belegsammlung von Konjunktivausdrücken in der »ety­mologischen« Zielsetzung, im Griechischen (und mit Bezug auf das Sanskrit so auch für die »indogermanische Grundsprache«) das Futur als »Grundbedeutung« der etymologischen »Urformen« anzu­setzen. In der Stoßrichtung gegen ein zirkuläres Operieren mit vorgegebenen sprachunabhängigen »semantischen« Definitionen von Tempus- und Mo­dus-Kategorien sicher nicht mehr originell, geprägt von Unsicher­heiten in der Argumentation eines Verfassers, der sich ausdrück­lich als »Anfänger« deklariert, liegen die Verdienste der Arbeit wohl in erster Linie in der Materialsammlung – die nötige syntaktische Analyse fehlt, wie Porzig in sei­ner wohlwol­lenden, aber doch negativen Rezension vermerkt.[2]

Bereits ein Jahr später habilitierte er in Gießen mit einer unveröf­fentlichten Arbeit über »Aorist und Präsens« für vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft. In der Promotionsakte ist nur das (wohlwollende) Gutachten von Behaghel erhalten, das die Arbeit als ersten Teil eines geplanten umfassenden Werkes zur Entwicklung des indo-germanischen Verbalsystems lobt. Sein Anspruch als allg. Sprachwissenschaftler wird in seinem Habilitati­onsvortrag deutlich »Sprache, Sprachen, Völker«.[3] Auf einem sehr allgemeinen Niveau (eher studium generale als Habilitation) definiert er hier die Aufgaben einer allgemeinen Sprachwissenschaft, die ihren Gegenstand nicht junggrammatisch reduziert: passim mit Hinweisen auf Vossler und andere Neuerer, selbstverständlich mit Verweis auf Saussure, mit einer sprachtypologischen Argumentation u. dgl. Als Privatdozent wurde er auch von dem nicht weniger anspruchsvollen Arntz 1933 (im Vorwort) erwähnt.

Auf Hirts Förderung war auch wohl zurückzu­führen, daß er die anspruchsvolle Aufgabe übernahm, zur Streit­berg-FS (»Stand und Aufgaben der Sprachwissenschaft«)[4] den Forschungsbericht über Griechisch (S. 319-360) beizusteuern, was die Besprechungen eher negativ registrierten.[5]

Er hatte 1923 das zweite Staatsexamen abgelegt (nach einem vorbereitenden Unterrichtsjahr), wurde aber vom Schuldienst beurlaubt, um bei Hirth eine (Hilf-)Assistentenstelle wahrzunehmen. 1933 wurde er von dieser wiederum beurlaubt, um in Büdingen an einem Gymnasium zu unterrichten. Im Februar 1934 wurde ihm aus politischen Gründen (§ 4 des Beamtengesetzes) die Lehrbefugnis an der Universität entzogen; 1936 registrierten ihn die Londoner Listen als »unplaced«. Anscheinend blieb er aber im Schuldienst. Später beteiligte er sich an der Neubear­beitung des Standardwerks für den Griechischunterricht, Kaegis »Kurzgefaßte Griechische Schulgrammatik«: dessen 7.Aufl. (im »Deut­schen Schulverlag«, Berlin 1944), verzeichnet ihn als »Studienrat in Bingen a. Rh.« neben C. Kappus als Bearbeiter.[6] 1957 war er lt. FS der Univ. Gießen (Hungerland, Q) noch als Oberstudienrat tätig.

Q: Hungerland; Auskunft d. Univ. Archivs Gießen v. 5.9.1991 u. 15.4.2008 (mit Kopien der Akten); Auskunft Stadtverwaltung Zweibrücken.



[1] Heidelberg: Winter 1923.

[2] In: Idg. F. 44/1922: 90-94.

[3] Germ.-rom. MS. 14/1926: 96-110.

[4] Heidelberg: Winter 1924.

[5] Er selbst entschuldigt seinen Beitrag auch mit dem Einspringen für ein sonst fehlendes Kapitel und bezieht sich für die beigebrachten Erklärungsversuche auf Hirt – und auf deren in der eigenen Erfah­rung bestätigten Brauchbarkeit in der Schule, S. 360.

[6] Bemerkenswert ist diese Bearbeitung, die erst 1946 durch die Verlage Diester­weg/Weidmann zur Auslieferung kam, durch die rassistischen Topoi im sprachgeschichtlichen Anhang (S. 191 ff.), wo die Griechen der »nordischen Rasse« zugeschlagen wurden (gestützt auf Homer!), deren Heimat im »Norden Europas« liegt (diese Textstellen wurden bei der Auslieferung 1946 überklebt).