Fanny Helena Wehner: ALEXANDER PUSHKIN, AFROPEAN POET

Why couldn’t these ghosts make themselves useful for once?
Bernardine Evaristo, Soul Tourists

The pivotal role of Alexander Pushkin in the Soviet state-sponsored literary pro­ject cannot be overstated: He served as the “model poet” not only for Russia but also for all other Soviet republics that were supposed to develop “their own Pushkin,” as Maxim Gorky suggested in his speech at the First Congress of Soviet Writers in 1934.[1] Pushkin’s role as the nation’s primary poet had been firmly established since the Pushkin Jubilee in 1880. In the imperial literary discourse, the reli­gious ideal of the “poet-prophet” was largely modeled on him. In the Soviet remodeling of Pushkin, this image merged with the Socialist Realist ideal of the writer as an “engi­neer of the human soul.”[2] Pushkin served not only as a national poet but also as a cultural, i.e., secular saint.[3] Consequently, Soviet Pushkin studies allowed little room for thought that seemed sacrilegious or iconoclastic. Thus, despite the significant socio-cultural changes following the collapse of the Soviet Union, contemporary Pushkin research continues to grapple with persistent lacunae in the history of his reception. „Fanny Helena Wehner: ALEXANDER PUSHKIN, AFROPEAN POET“ weiterlesen

Franziska Thun-Hohenstein: WARLAM SCHALAMOW AN DEN LESER IM WESTEN. Ein Archivfund

Am 17. Januar 2022 jährt sich der Todestag des russischen Dichters und Schriftstellers Warlam Schalamow zum vierzigsten Mal. Mit seinen sechs Zyklen umfassenden Erzählungen aus Kolyma setzte er den Tausenden Toten in den Zwangsarbeitslagern des GULag ein bleibendes literarisches Denkmal. Der Jahrestag bietet nicht nur Anlass, sich mit Schalamows Ringen um eine literarische Aufarbeitung des staatlich organisierten Massenterrors gegen die eigene Bevölkerung auseinandersetzen. Ein Archivfund rückt auch seine Sorge um die Rezeption seiner Texte ins Blickfeld. Da in der Sowjetunion die Erinnerung an Terror und Gewalt tabuisiert wurde, kursierten diese zu Lebzeiten nur in Abschriften des Samisdat (›Selbst-Verlag‹) und blieben für das breite sowjetische Lesepublikum unzugänglich. Die ersehnte Anerkennung blieb ihm verwehrt. Mittlerweile werden seine Werke in Russland gedruckt und aus Anlass des Todestages würdigen Konferenzen seine literarische und menschliche Lebensleistung. Doch Schalamows Imperativ des Erinnerns, der Wahrung des Gedächtnisses an die stalinistischen Verbrechen trifft heute zugleich auf das Bestreben der russischen Machthaber, dieses Gedächtnis erneut mit repressiven Mitteln auszulöschen. Die jüngst vom Obersten Gericht der Russischen Föderation beschlossene »Liquidierung« der Internationalen Gesellschaft für historische Aufklärung, Menschenrechte und soziale Fürsorge Memorial, die mit der Verbreitung eines lügnerischen Bildes von der Sowjetunion begründet wurde, ist nur ein Signal für die Politik einer Re-Stalinisierung.[1] „Franziska Thun-Hohenstein: WARLAM SCHALAMOW AN DEN LESER IM WESTEN. Ein Archivfund“ weiterlesen