Brazil just won its first Oscar, and the timing couldn’t have been better. It was Carnaval, a perfect moment for nationwide celebration. On social media, there was an extensive campaign endorsing the film I’m Still Here and its lead actress, Fernanda Torres (who had already won a Golden Globe for Best Actress), showing the passion with which Brazilians root for their own. Perhaps this enthusiasm can be traced back to the days when Brazil dominated world football, or maybe it’s a deeper desire to redefine how the world sees us, proving that we are far more than the enduring stereotype of a joyful yet struggling poor nation.[1] Both joy and struggle are indeed part of Brazil’s identity, but they are far more than mere traits. „Sabrina Costa Braga: What’s There to Laugh About? A REFLECTION ON MEMORY, ART, AND RESISTANCE IN “I’M STILL HERE”“ weiterlesen
Kategorie: AD HOC
»ZWISCHEN UNS HERRSCHT NUN KRIEG«. Dirk Naguschewski und Nina Weller im Gespräch mit Anna Melikova über ihren Roman »Ich ertrinke in einem fliehenden See«

Ende 2024 erschien der Debütroman der ukrainischen Schriftstellerin Anna Melikova (Ich ertrinke in einem fliehenden See, übersetzt von Christiane Pöhlmann, Matthes & Seitz Berlin 2024). Zwei Jahre zuvor hatte sie auf Einladung des ZfL im Berliner KVOST (Kunstverein Ost) einige Auszüge auf Deutsch vorgestellt. Der Beginn des russischen Großangriffs auf die Ukraine lag damals gerade sechs Monate zurück, der Krieg war allgegenwärtig. Am 20. Januar 2025 trafen sich Dirk Naguschewski (DN) und Nina Weller (NW) mit Anna Melikova (AM) zu einem neuerlichen Gespräch über die Entstehungsgeschichte dieses Romans, in dem die Geschichte einer obsessiven Beziehung zwischen zwei Frauen mit den politischen Entwicklungen in der Ukraine verknüpft wird. „»ZWISCHEN UNS HERRSCHT NUN KRIEG«. Dirk Naguschewski und Nina Weller im Gespräch mit Anna Melikova über ihren Roman »Ich ertrinke in einem fliehenden See«“ weiterlesen
Lukas Schemper: Retten, Töten oder Sterbenlassen? SCHIFFBRUCH UND SEENOTRETTUNG IN »DAS BOOT«
Seit Kurzem kann man die Serie Das Boot, deren letzte Staffel bereits im vergangenen Herbst auf dem TV-Sender Sky ausgestrahlt wurde, auch auf Netflix sehen. Sie lehnt sich frei an Romane Lothar-Günther Buchheims an, allen voran den 1973 erschienenen gleichnamigen Bestseller und dessen Verfilmung von 1981.[1] Sowohl Buchheims Bücher als auch die aktuelle Serie thematisieren die Atlantikfront des U-Boot-Kriegs im Zweiten Weltkrieg sowie den Kontext der deutschen Besatzung Frankreichs, welche die Voraussetzung für die Errichtung deutscher U-Boot-Stützpunkte an der französischen Atlantikküste war. Wie Babylon Berlin oder Der Pass ist Das Boot eine Serienproduktion, die aus der deutschen Geschichte bzw. dem deutschen Identitätsverständnis nicht nur ein deutsches Serienerlebnis, sondern einen internationalen Streaming-Erfolg machen sollte. Umso erstaunlicher, dass die Serie bislang kaum von Historiker:innen diskutiert wurde, zumal sie den Nationalsozialismus thematisiert und Buchheims Romanvorlage bei Erscheinen eine Kontroverse in der deutschen Öffentlichkeit ausgelöst hatte. „Lukas Schemper: Retten, Töten oder Sterbenlassen? SCHIFFBRUCH UND SEENOTRETTUNG IN »DAS BOOT«“ weiterlesen
Sarah Kiani: DIE VIELEN GESICHTER DES HUGO MARCUS
Eine kürzlich erschienene Studie von Marc David Baer über den weitgehend vergessenen Schriftsteller Hugo Marcus (1880–1966) widmet sich dessen vielfältigen, scheinbar widersprüchlichen Identitäten: deutsch, erst jüdisch, dann muslimisch, homosexuell.[1] Es besteht kein Zweifel daran, dass sich in Hugo Marcus’ Biographie Welten kreuzten, die nicht unbedingt dazu bestimmt waren. Doch obwohl er in vielerlei Hinsicht eine erstaunliche Persönlichkeit war, passte er perfekt in seine Zeit: er war das ›Produkt‹ einer besonderen Epoche im späten 19., frühen 20. Jahrhundert in Deutschland und der Schweiz, geprägt durch das intellektuelle Klima der Weimarer Republik, in der die Frage der homosexuellen Emanzipation ebenso im Raum stand wie die Vision eines im Dialog mit Europa stehenden rationalen Islam.[2] „Sarah Kiani: DIE VIELEN GESICHTER DES HUGO MARCUS“ weiterlesen
Michael Mönninger: NACHBARSCHAFT WILMERSDORF. Eine kurze Geschichte in 14 Bildern
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Wer in Berlin das Wachstum und den Wandel der Quartiere außerhalb der historischen Kernstadt nachzeichnen will, der stößt für Zeiten, die länger als 150 Jahre zurückliegen, auf nichts als sandigen märkischen Ackerboden. Es ist nicht einfach, Dokumente zu finden, die Auskunft über die Nachbarschaften rund um das Gebäude ACHTUNDEINS in der Pariser Straße 1 geben, den neuen Standort der Verwaltung der Geisteswissenschaftlichen Zentren Berlin (GWZ), des Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) und des ZfL (Abb. 1). „Michael Mönninger: NACHBARSCHAFT WILMERSDORF. Eine kurze Geschichte in 14 Bildern“ weiterlesen
Claude Haas: War da was? BEMERKUNGEN ZUM KAFKA-JAHR 2024
»Leoparden brechen in den Tempel ein und saufen die Opferkrüge leer: das wiederholt sich immer wieder: schließlich kann man es vorausberechnen und es wird Teil der Ceremonie.«
Franz Kafka: Tagebücher
Die intellektuelle Ausbeute literarischer Jubiläen und Gedenkjahre fällt in der Regel mager aus. Viel Nippes wird zu solchen Anlässen auf den Markt geworfen. Runde Geburts- oder Todestage von Schriftsteller*innen zeugen so oft unfreiwillig von jenem vielfach beklagten Prestigeverlust der Literatur, gegen den ihre mediale Verwertung gerade anzurennen versucht. Große Namen sind für diese Schieflage besonders anfällig, nur selten erscheinen zu ihren Jahrestagen ambitionierte Neudeutungen ihrer Werke. Es dominiert die gediegene Traditionspflege und ein mitunter verschmitzter Respekt – der schlimmste von allen. Aus diesen Gründen haben Gedenkjahre aber stets eine seismographische Funktion, denn an ihnen lässt sich ablesen, wo ihre Jubilar*innen und deren – oder gar die – Literatur öffentlich gerade stehen. Das Kafka-Jahr 2024 macht hier keine Ausnahme.[1] „Claude Haas: War da was? BEMERKUNGEN ZUM KAFKA-JAHR 2024“ weiterlesen
Matthias Schwartz: IN DER WELT DER WILDEN KERLE. Eine populäre Serie im Zeichen des russisch-ukrainischen Krieges
Zum Jahreswechsel 2023/2024 gelang einer russischen Fernsehserie, was während Russlands Krieg gegen die Ukraine eigentlich unvorstellbar scheint: Innerhalb weniger Tage entwickelte sich Ehrenwort eines Kerls. Blut auf dem Asphalt (Slowo pazana. Krow na asfalte, 2023) beiderseits der Schützengräben zur populärsten Serie des Jahres. Die Zuschauer- und Klickzahlen erreichten Rekordhöhen und der Titelsong Pyjala (dt. ›Glas‹) der tatarischen Band Aigel schaffte es an die Spitze diverser Hitparaden in beiden Ländern.[1] In der Russischen Föderation war die Serie zwar mit der Altersgrenze »18+« versehen und nur bei den privaten Streamingdiensten Wink und START zu sehen.[2] Doch schon während der Ausstrahlung der acht Folgen der ersten Staffel vom 9. November bis 21. Dezember 2023 verbreitete die Serie sich blitzschnell über Telegram und andere digitale Kanäle. Sätze wie »Kerle entschuldigen sich nicht« oder »Denk dran, du bist jetzt ein Kerl, du bist jetzt auf der Straße, und ringsherum sind Feinde« wurden zu geflügelten Worten. Pädagogen und Politikerinnen schlugen Alarm, als in der Presse Berichte auftauchten, die von durch die Serie inspirierten Schlägereien berichteten, und zwar sowohl in Russland als auch in der Ukraine.[3] „Matthias Schwartz: IN DER WELT DER WILDEN KERLE. Eine populäre Serie im Zeichen des russisch-ukrainischen Krieges“ weiterlesen
Eva Geulen: Mann der Moderne ohne Wenn und Aber: DETLEV SCHÖTTKER ZUM 70. GEBURTSTAG
Dass das ZfL ihn seit Kurzem als Senior Fellow führt, passt so gar nicht zu der ungestümen Neugierde und den kreativen Energien, die sich Detlev Schöttker nicht nur bewahrt hat, sondern die jüngst über der Beschäftigung mit einem neuen Gegenstand eine neue Qualität gewonnen haben. Instantan, vehement und bedingungslos hat er sich nach dem Umzug des ZfL nach Wilmersdorf in ein neues Forschungsprojekt weniger vertieft als gestürzt. Doch recht besehen ist es kein neuer Gegenstand, sondern es sind seine alten Bekannten, die ihm rund um den Fasanenplatz wiederbegegnen. Ein größeres Geschenk als diese Nachbarschaft hätte man ihm vielleicht nicht machen können: Die literarische und kulturelle Moderne entstand hier! Der Fasanenplatz ist ein ›Freilichtmuseum‹ der Moderne mit Hauptmann, Brecht, Benjamin und vielen anderen. Und Detlev Schöttker wäre nicht Detlev Schöttker, wenn er die Öffentlichkeit nicht sogleich über einige seiner Funde und Entdeckungen informiert hätte. In der FAZ sind bereits mehrere Artikel von ihm über die erstaunliche Bedeutung unseres Kiezes für die Moderne erschienen. „Eva Geulen: Mann der Moderne ohne Wenn und Aber: DETLEV SCHÖTTKER ZUM 70. GEBURTSTAG“ weiterlesen
Isabel Jacobs/Martin Küpper: Philosopher of the Ideal: EVALD ILYENKOV AT 100

February 18th 2024 marked the centenary of the birth of Evald Ilyenkov (1924–1979) – a brilliant and influential Soviet philosopher whose most important early works remained unpublished during his lifetime (fig. 1). Two days before Ilyenkov’s 100th birthday, Russian opposition leader Alexei Navalny was found dead in a Siberian prison colony; that news overshadowed the little attention given to Ilyenkov’s anniversary in Russia. The manner in which Ilyenkov’s centenary and Navalny’s death were treated reflects memory culture in Putin’s Russia, where the legacies of Soviet Marxism are often suppressed by ultra-nationalist propaganda. Abroad, Ilyenkov’s prestige has seen a remarkable rise in recent years, accompanied by translations and new scholarship in, for example, Sweden, Ukraine, Peru, Turkey, Canada and Cuba. „Isabel Jacobs/Martin Küpper: Philosopher of the Ideal: EVALD ILYENKOV AT 100“ weiterlesen
Sandra Folie: ASPEKTE SCHWARZER GESCHICHTE(N) IN »BERLIN GLOBAL«. Eine Führungs- und Ausstellungsreflexion
Februar ist Black History Month[1] und damit der ideale Zeitpunkt, eine Blogserie über Berliner Orte zu beginnen, die wir – Gianna Zocco und Sandra Folie – im Zuge unseres neuen Forschungsprojekts »Schwarze Narrative transkultureller Aneignung« besuchen: Museen, Theater, Verlage, Archive usw., die für eine afroeuropäisch fokussierte Literatur- und Kulturforschung relevant sind und mit denen wir ins Gespräch kommen wollen.[2] Die erste Exkursion führte mich zur Ausstellung BERLIN GLOBAL im Humboldt Forum, die zu zeigen versucht, »wie die Stadt und ihre Menschen mit der Welt verbunden sind«[3]. Sie beruft sich dabei auf eine vielstimmige, partizipative Konzeption und Umsetzung und beschäftigt sich intensiv mit dem Thema des Kolonialismus und seinen Nachwirkungen.
Unter dem Titel »Sichtbar werden« führten eine externe afrodeutsche Expertin und eine Museumsvermittlerin im Gespräch – miteinander, aber auch mit der Gruppe – durch die Spuren Schwarzer[4] Geschichte(n) in der Ausstellung.[5] Welche Aspekte Schwarzer Geschichte(n) müssen aber in einer solchen Ausstellung erst im Rahmen einer speziellen Führung »sichtbar werden«, fragte ich mich vorab. Und würde sich die Führung mit ihrem Anspruch der Sichtbarmachung als ein Akt des narrating back und damit der partiellen oder temporären Aneignung eines (zu) weiß kodierten Raumes wie des Humboldt Forums[6] begreifen lassen? „Sandra Folie: ASPEKTE SCHWARZER GESCHICHTE(N) IN »BERLIN GLOBAL«. Eine Führungs- und Ausstellungsreflexion“ weiterlesen