»Leoparden brechen in den Tempel ein und saufen die Opferkrüge leer: das wiederholt sich immer wieder: schließlich kann man es vorausberechnen und es wird Teil der Ceremonie.«
Franz Kafka: Tagebücher
Die intellektuelle Ausbeute literarischer Jubiläen und Gedenkjahre fällt in der Regel mager aus. Viel Nippes wird zu solchen Anlässen auf den Markt geworfen. Runde Geburts- oder Todestage von Schriftsteller*innen zeugen so oft unfreiwillig von jenem vielfach beklagten Prestigeverlust der Literatur, gegen den ihre mediale Verwertung gerade anzurennen versucht. Große Namen sind für diese Schieflage besonders anfällig, nur selten erscheinen zu ihren Jahrestagen ambitionierte Neudeutungen ihrer Werke. Es dominiert die gediegene Traditionspflege und ein mitunter verschmitzter Respekt – der schlimmste von allen. Aus diesen Gründen haben Gedenkjahre aber stets eine seismographische Funktion, denn an ihnen lässt sich ablesen, wo ihre Jubilar*innen und deren – oder gar die – Literatur öffentlich gerade stehen. Das Kafka-Jahr 2024 macht hier keine Ausnahme.[1] „Claude Haas: War da was? BEMERKUNGEN ZUM KAFKA-JAHR 2024“ weiterlesen