Seit Kurzem kann man die Serie Das Boot, deren letzte Staffel bereits im vergangenen Herbst auf dem TV-Sender Sky ausgestrahlt wurde, auch auf Netflix sehen. Sie lehnt sich frei an Romane Lothar-Günther Buchheims an, allen voran den 1973 erschienenen gleichnamigen Bestseller und dessen Verfilmung von 1981.[1] Sowohl Buchheims Bücher als auch die aktuelle Serie thematisieren die Atlantikfront des U-Boot-Kriegs im Zweiten Weltkrieg sowie den Kontext der deutschen Besatzung Frankreichs, welche die Voraussetzung für die Errichtung deutscher U-Boot-Stützpunkte an der französischen Atlantikküste war. Wie Babylon Berlin oder Der Pass ist Das Boot eine Serienproduktion, die aus der deutschen Geschichte bzw. dem deutschen Identitätsverständnis nicht nur ein deutsches Serienerlebnis, sondern einen internationalen Streaming-Erfolg machen sollte. Umso erstaunlicher, dass die Serie bislang kaum von Historiker:innen diskutiert wurde, zumal sie den Nationalsozialismus thematisiert und Buchheims Romanvorlage bei Erscheinen eine Kontroverse in der deutschen Öffentlichkeit ausgelöst hatte. „Lukas Schemper: Retten, Töten oder Sterbenlassen? SCHIFFBRUCH UND SEENOTRETTUNG IN »DAS BOOT«“ weiterlesen
Schlagwort: Schiffbruch
Alexandra Heimes: DER EINSATZ NEUER TECHNOLOGIEN IM HUMANITARISMUS UND DIE ›FRAGE NACH DER MORAL‹
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben rasante technologische Entwicklungen die Seefahrt insgesamt und damit auch das nautische Rettungswesen von Grund auf verändert. Mit motorisierten Booten, Funk- und Radartechnik – und später Rettungsflugzeugen – wird es möglich, neue notlindernde und lebensrettende Praktiken zu etablieren, die Effizienz der Maßnahmen zu steigern und zudem den geografischen Radius der Einsätze erheblich auszuweiten. Weniger offenkundig ist, in welcher Weise diese Entwicklungen auf das Gefüge der Normen und Werte zurückwirken, das der humanitären Seenotrettung zugrunde liegt, und inwiefern sie daran beteiligt sind, den Schiffbruch als einen bestimmten »Situationstyp« zu definieren.[1] Diese Aspekte bilden den Ausgangspunkt meiner Untersuchung, die der Frage nachgeht, wie sich die Herausbildung von Normen und normsetzenden Paradigmen alternativ zu den großen Erzählungen des Humanitarismus beschreiben lässt. „Alexandra Heimes: DER EINSATZ NEUER TECHNOLOGIEN IM HUMANITARISMUS UND DIE ›FRAGE NACH DER MORAL‹“ weiterlesen
Lukas Schemper: SCHIFFBRUCH DER ZIVILISATION. Überlegungen zu einer Metapher
Anfang Dezember 2021 besuchte Papst Franziskus auf seiner Griechenlandreise auch die Insel Lesbos und das dortige Flüchtlingslager Kara Tepe, wo zu der Zeit etwa 2.500 Menschen lebten.[1] Kara Tepe ist das Nachfolgelager des 2020 abgebrannten Lagers Moria, wo der Papst schon 2016 war und dessen Überfüllung und hygienische Zustände das Versagen der europäischen Flüchtlingspolitik drastisch vor Augen geführt hatten. Auch wenn sich die humanitären Zustände im Vergleich zu damals gebessert haben und bedeutend weniger Menschen in Kara Tepe untergebracht sind als im Vorgängerlager, so hat sich doch zwischen den beiden Papst-Besuchen in der europäischen Migrationspolitik nichts grundsätzlich bewegt. Im Gegenteil. Wurden einzelne europäische Staaten damals noch von den Regierungen anderer Staaten sowie der Europäischen Kommission für das Errichten von Zäunen zur Abwehr von Migranten kritisiert, so haben mittlerweile mehrere Mitgliedsstaaten die EU gebeten, sie eben dabei zu unterstützten.[2] Zudem kommt es wieder vermehrt zu Tragödien durch das Kentern von Flüchtlingsbooten. Mindestens 1.500 Menschen starben so 2021 allein im Mittelmeer.[3] „Lukas Schemper: SCHIFFBRUCH DER ZIVILISATION. Überlegungen zu einer Metapher“ weiterlesen