Dualla Misipo (1901–1973) was a Cameroonian-German-French writer. His novel Der Junge aus Duala is one of the first postcolonial literary texts written in German.[1] It was first published in 1973, but we presume that parts of it were already written during the interwar period. The novel recounts the story of Ekwe Njembele, a young Cameroonian boy born in the port city of Douala during Germany’s colonial rule. After attending Douala’s German government school, he continues his education in Germany at about age ten. Before he even arrives at his “second home”[2]—a small Hessian town where he will live with a foster family—his journey brings him to Frankfurt am Main. Here, his travel companions—a white German teacher from Douala and his foster father—are eager to immediately take him to the famous Frankfurt Zoo. „Gianna Zocco: AGENCY AND POWERLESSNESS IN AN EARLY POSTCOLONIAL NOVEL IN GERMAN“ weiterlesen
Schlagwort: Weltliteratur
Laura Otis: LITERATURE AS HANDWORK: Ocean Vuong’s “On Earth We’re Briefly Gorgeous”
A wide range of readers have admired Vietnamese-American poet Ocean Vuong’s debut novel, On Earth We’re Briefly Gorgeous (2019). Both his first and his second novel, The Emperor of Gladness (2025), have been translated into German as Auf Erden sind wir kurz grandios and Der Kaiser der Freude, respectively. In language of striking beauty and originality, On Earth We’re Briefly Gorgeous tells the story of Little Dog, a 28-year-old gay, working-class Vietnamese-American writer, and the family members who made his life possible. Inspired by people who defy oppression by finding joy, he honors them by crafting poetry. „Laura Otis: LITERATURE AS HANDWORK: Ocean Vuong’s “On Earth We’re Briefly Gorgeous”“ weiterlesen
Jenaba Samura: WALKING THE LINE / CROSSING BORDERS: CARYL PHILLIPS’ EVENING STROLL THROUGH EAST BERLIN
That the stares of hostility were motivated as much by envy as by racial antagonism did little to ease my discomfort.
Caryl Phillips, The European Tribe
Exploring Black Europe via travel, Black British journalist and photographer Johny Pitts (*1987) and his “mentor” Caryl Phillips (*1958) push the margins of how “Europeanness” can be defined.[1] As both come from a working-class background and grew up in the British countryside, there are many similarities not only in their biographies but also in their works, especially in their engagement with Europe, which they feel “both of and not of.”[2] In Afropean. Notes from Black Europe (2019), Pitts mentions the book’s connection to Phillips’ earlier travelogue The European Tribe (1987). He describes it as “one of the few direct precursors to this book” and praises it for being both “quietly subversive” and a normalization of the Black gaze (116–117). Pondering the question of who and what defines Europe/Europeanness, both Phillips and Pitts passed through Berlin on their travels around Western, Central, and Eastern Europe. „Jenaba Samura: WALKING THE LINE / CROSSING BORDERS: CARYL PHILLIPS’ EVENING STROLL THROUGH EAST BERLIN“ weiterlesen
Chiara Viceconti: EMBLEMATISCHE ORTE UND AUTOR:INNEN DER DDR-SCIENCE-FICTION IN BERLIN
Dass man Berlin heute als Hauptstadt der deutschsprachigen Science-Fiction-Literatur bezeichnen kann, hat vor allem damit zu tun, dass es in der DDR und speziell in Ost-Berlin eine bemerkenswerte Produktion von Wissenschaftlicher Phantastik gab, wie das Genre im Osten genannt wurde. In der Hauptstadt der DDR hatten damals unter anderem die Verlage Neues Leben und Das neue Berlin ihren Sitz, die zu den wichtigsten Publikationsorten von Science-Fiction gehörten.[1] Thematisch befassten sich die Texte vorrangig mit Zukunftsvisionen und Gesellschaftsfragen, aber es ging auch um Themen wie Umweltschutz oder Menschenrechte. Während sich das Genre aufgrund seines Potentials, die Verhältnisse im Realsozialismus unter dem Deckmantel der phantastischen Fiktion zu kritisieren, beim Publikum großer Beliebtheit erfreute, wurde es durch das Regime für die Propagierung einer besseren kommunistischen Zukunft instrumentalisiert. „Chiara Viceconti: EMBLEMATISCHE ORTE UND AUTOR:INNEN DER DDR-SCIENCE-FICTION IN BERLIN“ weiterlesen
Claude Haas: ZUR LAGE DER LITERATUR NACH DEM UNTERGANG IHRER KÜNSTLICHKEIT IN DER KÜNSTLICHKEIT
I.
Bekenntnisse zur Künstlichkeit waren in der Literatur der Moderne lange Zeit an der Tagesordnung. Wie in der bildenden Kunst sind es in der literarischen Tradition vor allem Natur und Wirklichkeit, gegen die Künstlichkeit in Stellung gebracht wird.[1] »In meinen Büchern ist alles künstlich«, befand einst der selbsterklärte Naturhasser Thomas Bernhard.[2] Der Betonmarxist Peter Hacks legte in seinen Überlegungen zum »Poetischen« die »Nichtidentität mit der Wirklichkeit« als »Merkmal jeglicher Kunst« fest, »auch der gegenständlichsten«.[3] In der bürgerlichen Kunst des 18. Jahrhunderts hatte man dies noch ganz anders gesehen. Dem Rousseauismus, der Empfindsamkeit und dem Sturm und Drang war Künstlichkeit ästhetisch und moralisch zuwider. Historisch betrachtet erweisen sich Künstlichkeit und Natürlichkeit als äußerst variable Zuschreibungen. Während Shakespeares Dramen Johann Gottfried Herder und dem jungen Goethe etwa als »Natur« galten,[4] wird ihre weltliterarische Geltung heute umgekehrt in ihrer Theatralität und Künstlichkeit erblickt. Auch weil es um Werturteile ging, waren die Debatten um Künstlichkeit in der Literatur lange Zeit von Animositäten und Polemik geprägt.
Aurore Peyroles: FOR OR AGAINST POLITICAL LITERATURE. A French Controversy
In January 2024, a small volume with a deliberately provocative title was published in France: Contre la littérature politique[1] – against political literature. The title, which suggests yet another attack on littérature engagée or message-oriented literature, is remarkable not only because it features contributions by a number of French authors known for the critical power of their texts, their radicalism, and/or their commitment,[2] but also because the book was published by one of the most left-wing publishers on the French literary scene, La fabrique éditions. It is not surprising, therefore, that the contributors do not target political literature as a whole, but a certain kind of political literature, a certain way in which texts that they consider innocuous are labelled political. They criticize the depoliticization of literature at a time when its political significance is being elevated and call for a rethinking of the relationship between literature and politics, renewing the tensions between these two components rather than taking their interrelationship for granted. „Aurore Peyroles: FOR OR AGAINST POLITICAL LITERATURE. A French Controversy“ weiterlesen
»ZWISCHEN UNS HERRSCHT NUN KRIEG«. Dirk Naguschewski und Nina Weller im Gespräch mit Anna Melikova über ihren Roman »Ich ertrinke in einem fliehenden See«

Ende 2024 erschien der Debütroman der ukrainischen Schriftstellerin Anna Melikova (Ich ertrinke in einem fliehenden See, übersetzt von Christiane Pöhlmann, Matthes & Seitz Berlin 2024). Zwei Jahre zuvor hatte sie auf Einladung des ZfL im Berliner KVOST (Kunstverein Ost) einige Auszüge auf Deutsch vorgestellt. Der Beginn des russischen Großangriffs auf die Ukraine lag damals gerade sechs Monate zurück, der Krieg war allgegenwärtig. Am 20. Januar 2025 trafen sich Dirk Naguschewski (DN) und Nina Weller (NW) mit Anna Melikova (AM) zu einem neuerlichen Gespräch über die Entstehungsgeschichte dieses Romans, in dem die Geschichte einer obsessiven Beziehung zwischen zwei Frauen mit den politischen Entwicklungen in der Ukraine verknüpft wird. „»ZWISCHEN UNS HERRSCHT NUN KRIEG«. Dirk Naguschewski und Nina Weller im Gespräch mit Anna Melikova über ihren Roman »Ich ertrinke in einem fliehenden See«“ weiterlesen
Gianna Zocco: 100 JAHRE JAMES BALDWIN. Zu René Aguigahs Baldwin-Porträt
Claude Haas hat kürzlich anlässlich des Kafka-Jahres bemerkt, dass die intellektuelle Ausbeute literarischer Gedenkjahre in der Regel mager ausfalle und zu solchen Anlässen »viel Nippes« auf den Markt geworfen werde.[1] Im Fall des afroamerikanischen Schriftstellers und Aktivisten James Baldwin, der 2024 seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, ist die Lage glücklicherweise eine andere. Denn sein Jubiläum fiel in eine schon seit einigen Jahren andauernde ›Baldwin-Renaissance‹, die maßgeblich durch Filme wie Raoul Pecks I Am Not Your Negro (2016) und Barry Jenkins’ If Beale Street Could Talk (2018) angestoßen wurde und im Zuge der Internationalisierung der Black Lives Matter-Bewegung nach der Ermordung von George Floyd 2020 weiter an Fahrt gewann. „Gianna Zocco: 100 JAHRE JAMES BALDWIN. Zu René Aguigahs Baldwin-Porträt“ weiterlesen
Sarah Kiani: DIE VIELEN GESICHTER DES HUGO MARCUS
Eine kürzlich erschienene Studie von Marc David Baer über den weitgehend vergessenen Schriftsteller Hugo Marcus (1880–1966) widmet sich dessen vielfältigen, scheinbar widersprüchlichen Identitäten: deutsch, erst jüdisch, dann muslimisch, homosexuell.[1] Es besteht kein Zweifel daran, dass sich in Hugo Marcus’ Biographie Welten kreuzten, die nicht unbedingt dazu bestimmt waren. Doch obwohl er in vielerlei Hinsicht eine erstaunliche Persönlichkeit war, passte er perfekt in seine Zeit: er war das ›Produkt‹ einer besonderen Epoche im späten 19., frühen 20. Jahrhundert in Deutschland und der Schweiz, geprägt durch das intellektuelle Klima der Weimarer Republik, in der die Frage der homosexuellen Emanzipation ebenso im Raum stand wie die Vision eines im Dialog mit Europa stehenden rationalen Islam.[2] „Sarah Kiani: DIE VIELEN GESICHTER DES HUGO MARCUS“ weiterlesen
Pola Groß: SCHREIBEN UND LEBEN – CLARICE LISPECTORS CRÔNICAS
Clarice Lispector (1920–1977) gilt als eine der wichtigsten Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts. Während ihr umfangreiches Werk im angelsächsischen, lateinamerikanischen und französischsprachigen Raum mittlerweile im Kontext von Feminismus, Posthumanismus und postkolonialer Literatur diskutiert wird, ist die brasilianische Autorin im deutschsprachigen Raum nur Wenigen bekannt.[1] Das mag vor allem an veralteten, vergriffenen, zuweilen schlicht mangelhaften Übersetzungen liegen. Doch auch die Literaturkritik hat dazu beigetragen: Eine vorrangig biographische Lektüre hat Lispectors Romane und Erzählungen einerseits viel zu lange in Richtung ›Frauenliteratur‹ gerückt, andererseits wurde sie vorschnell als zu komplex bzw. unverständlich abgetan oder als ›hermetisch‹ verklärt.[2] Lispectors literarische Ausdrucksformen und ihr spezifischer Zugriff auf Sprache und Welt lassen sich mit derartigen Etiketten nicht fassen. „Pola Groß: SCHREIBEN UND LEBEN – CLARICE LISPECTORS CRÔNICAS“ weiterlesen